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War Hölderlin umnachtet? : Pierre Bertaux spricht zum Thema : [Lesung]
Bertaux, Pierre; Storz, Hans-Ulrich
[Stuttgart] : [Hoser's Buchhandlung], 1979 - 1 Tonband (1 h 36 min)
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- Deutsch
In seinem Vortrag breitet Pierre Bertaux seine bis heute umstrittene These aus, dass Hölderlin entgegen der landläufigen Meinung nicht geisteskrank gewesen sei. Diese These ist von einer großen Skepsis gegenüber der Psychiatrie getragen. Zwei krisenhafte Ereignisse stellt Bertaux ins Zentrum seiner Auslegungen: Zum einen den Tod seiner Geliebten Susette Gontard 1802, zum anderen den Hochverratsprozess gegen seinen Freund Isaac von Sinclair, im Zuge dessen auch gegen Hölderlin ermittelt wurde. Als er 1806 zwangsweise nach Tübingen in die Autenrieth'sche Klinik transportiert wurde, habe er sich verhaftet geglaubt und sei deswegen in die beschriebene Raserei verfallen. Sein Leben nach dem traumatisierenden Zwangsaufenthalt in der Klinik bei der Familie Zimmer im heutigen Hölderlinturm habe er als Eremit geführt. Dies sei in seinem Roman "Hyperion oder der Eremit in Griechenland" bereits präfiguriert. Die Psyche eines Eremiten aber sei der protestantischen Gesellschaft genuin unverständlich. Dieser Entschluss zur Weltabgewandtheit habe sich auch ökonomisch begründet, erhielt er doch nur als Kranker eine Rente vom Württembergischen Staat. Auch drohte bei Gesundung der abgelehnte Pfarrerberuf. Im Publikumsgespräch vertritt Pierre Bertaux sehr kämpferisch seine These, der Literaturwissenschaftler und Hölderlinexperte Bernhard Böschenstein ist bei der Diskussion zu gegen. Einen Fixpunkt des Gesprächs bildet die Ablehnung einer Pathologisierung der späten Lyrik Hölderlins.
- Lesung