Die drei Teile der Lesung Khalil Rostamkhanis verarbeiten und dokumentieren in drei unterschiedlichen Gattungen die Erfahrungen und Wahrnehmungen des Autors während seiner Gefangenschaft in einem iranischen Gefängnis. Zunächst liest er fünf Gedichte, die situativ Gefängnisalltag beschreiben. Das Gefängnis dringt dabei sowohl als Wahrnehmungsstruktur wie auch als radikale Erschütterung des sozio-kulturellen Umfeldes in alle Lebensbereiche: Natur und Himmel sind nur noch in den durch Mauer und Stacheldraht sanktionierten Blickfeldern wahrnehmbar, Sexualstraftäter und Massenmörder gehören zum täglichen Umgang. Die Briefe, die er im Anschluss liest, sind meist gerichtet an Khalil Rostamkhanis verstorbene Frau, allerdings ohne die Intention, sie abzuschicken. Vielmehr sind sie geschrieben, "um die Erinnerung zu behalten". Eigentlich alltägliche Probleme wie Schwierigkeiten bei der Übersetzungsarbeit, der Entwurf neuer Lebensziele oder das Gefühl, "Zeit zu verplempern", werden durch den, wo nicht lebensbedrohlichen, so doch lebenserstickenden Kontext des Gefängnisses zu existenziellen Fragen nach Widerstand und Behauptungswille. Der dritte Text fußt auf der Überführung des Autors nach Teheran, nachdem er zuvor mehrere Jahre 1500 Kilometer von seiner Familie und Heimatstadt entfernt gleichermaßen verbannt und eingesperrt war. Im anschließenden Gespräch geht Khalil Rostamkhani unter anderem auf die Fatwa gegen Salman Rushdie ein und spricht über die politische Situation im Iran, die dortigen politisch-theologischen Repressionen und die Grenzen, die dem westlichen Eingreifen notwendig gesetzt werden müssen - denn, so betont er, eine politische Veränderung des Iran hin zur Demokratie könne nur von seiner Bevölkerung ausgehen. Die komplexe Frage nach Leben, Arbeiten und Schreiben im Exil schließt die Veranstaltung ab.
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Gespräch, Interview
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Lesung