Ausstellungseröffnung am 15. Mai: Reisen. Fotos von unterwegs. Mit Christoph Ransmayr, Ulrich Raulff und Heike Gfrereis
»Die notwendige Anspruchslosigkeit, Planlosigkeit, Zerstreuung des suchenden Autorenblicks, der sich in allem verlieren will, was ihn aufhält. ... Jenen suchenden Zustand, in dem alles bedeutungsvoll ist, aber noch nichts eine Bedeutung hat, jenen offenen Horizont, den erst die Sprache wieder schließen wird.« So beschreibt der Schriftsteller Thomas Hettche im Katalog zur Ausstellung »Reisen. Fotos von unterwegs« seine fotografischen Recherchen: »Bilder zeigen einen ganz bestimmten Punkt der Vergegenwärtigung«.
Einige Autoren fotografieren ambitioniert, versuchen mit der Kamera, mit Licht und Ausschnitt die zeitlose Wahrheit einzufangen, andere möchten nicht mehr als ein Souvenir von einer Reise. Wenige der fotografierenden Schriftsteller haben ihre Fotos veröffentlicht, den meisten Fotos merkt man nicht sofort an, dass sie aus dem Umfeld der Literatur stammen. Manchmal sind sie Teil der Vorarbeiten für ein literarisches Projekt, Inspirationsquelle oder sogar ein möglicher lyrischer oder narrativer Kern. In der Ausstellung »Reisen. Fotos von unterwegs« kreuzen sich Zeithorizont und motivische Inseln, sichtbar wird die historische Physiognomie des Reisefotos, das literarische Reisebildgedächtnis des 20. Jahrhunderts. Zur Eröffnung der Ausstellung spricht der Autor Christoph Ransmayr mit Heike Gfrereis und Ulrich Raulff über seine Schreib- und Reisewege. Die Ausstellung »Reisen. Fotos von unterwegs« wurde von Heike Gfrereis und Johannes Kempf zusammen mit Thomas Schmidt und Christoph Willmitzer entwickelt; das gestalterische Konzept haben Diethard Keppler und Demirag Architekten entworfen.
Mit mehr als 1.000 Fotos aus einem Zeitraum von über 120 Jahren, vom Schnappschuss bis zur professionellen Reiseaufnahme, zeigt die Ausstellung ein Abenteuer der flüchtigen Augenblicke und der ewigen Orte. Reisende Schriftsteller schauen durch den Sucher ihres Fotoapparats, unter ihnen u. a. Hilde Domin, Jörg Fauser, Peter Handke, Hermann Hesse, Ernst Jünger, Harry Graf Kessler, Siegfried Kracauer, W.G. Sebald, Michael Roes und – in einem Labor des 21. Jahrhunderts – Rainald Goetz, Nora Gomringer, Thomas Hettche, Thomas Meinecke, Kathrin Röggla, Judith Schalansky und Ilija Trojanow. Nahezu alle Autoren haben Vorlieben: kleine Formen, Spiegelungen, Unschärfen und Überblendungen, Schatten und Rahmen, Polaroids oder Schwarz-Weiß. Das meistfotografierte Motiv ist der Eiffelturm, die meistfotografierte Stadt New York.
Bildmotive kehren zwar immer wieder, Entstehungszusammenhänge sind für den Betrachter aber nicht immer gleich zu erkennen und manchmal kaum mehr nachzuvollziehen. Erinnerungsspuren verlaufen von den Fotografien zu Briefen oder Tagebucheinträgen, in Lebensdokumente, manchmal in gedruckte Bücher. »Der Fotograf errichtet die Bühne, auf der das Verschwinden seinen Auftritt hat. Mit dem Apparat will er die Zeit zum Stehen zwingen, sie einfrieren, aber sie ist auf jedem eingefrorenen Bild nur umso deutlicher zu erkennen«, so schreibt die Schriftstellerin Julia Schoch über die Reisebilder des ostdeutschen Lyrikers Heinz Czechowski.
Nur wenige können es sich wie der junge Harry Graf Kessler leisten, einmal um den Globus zu reisen. 1891 schifft er sich in Amerika ein und kommt ein halbes Jahr später über Japan, Singapur, Indien und Ägypten in Neapel an; seine Eindrücke hält er mit einer Kodak 2 fest. Von Hermann Hesses legendärer Indien-Reise, aus dem viel später sein Buch Siddharta hervorgehen sollte, bleiben Ansichtskarten und Schnappschüsse. Siegfried Kracauer erforschte fotografisch die Stadt des 19. Jahrhunderts, es entstand sein Pariser Buch: Jacques Offenbach und das Paris seiner Zeit (1937). Mit der Kamera im Gepäck machte sich der Medienwissenschaftler Friedrich Kittler auf den Weg in den Golf von Salerno, auf den Spuren einer Szene aus Homers Odyssee.
In der Ausstellung finden sich Bilder esoterischer Aussteiger auf Sinnsuche und entdeckungsfreudiger Absolventen der großen Bildungsreise wie von Autoren, die klassische Touristenmotive in den Sucher nehmen, von mit der Kamera bewaffneten Soldaten an der Front und von Emigranten auf der Flucht – auf der Reise ins Ungewisse. Es entstehen einzigartige Momente, Stillleben des Unterwegsseins, mit Geduld und Präzision fotografisch festgehalten, oder schnell geknipste Bilder, verschwommene Erinnerungen an fremde Welten aus ferner Zeit.
Die Ausstellungseröffnung findet am Donnerstag, 15. Mai 2014 um 19.30 Uhr im Humboldt-Saal (Archivgebäude) statt. Der Museumseintritt inkl. der Veranstaltung kostet 9,- /erm. 7,- / für Mitglieder der DSG 4,50 Euro. Karten sind auch im Vorverkauf erhältlich (www.reservix.de). Die Ausstellung ist vor und nach der Veranstaltung geöffnet.
Die Pressekonferenz zur Ausstellung findet am 14. Mai, 11 Uhr im Berthold-
Leibinger-Auditorium (Literaturmuseum der Moderne) statt.
Zur Ausstellung erscheint ein Marbacher Katalog: Reisen. Fotos von unterwegs. Ca. 600 Seiten, zahlreiche Abb., 30 EUR.
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