DLA Marbach erwirbt Vorlass von Martin Walser

Martin Walser (geb. 1927) gehört zu den prägenden deutschsprachigen Schriftstellern der Nachkriegszeit, in seinen Büchern spiegelt sich über Jahrzehnte die Geschichte der Bundesrepublik wie in kaum einem anderen Werk. Jetzt wurde sein Vorlass mit großzügiger Unterstützung der Kulturstiftung der Länder, der Beauftragten der Bundesregierung für Kultur und Medien, dem Ministerium für Wissenschaft, Forschung und Kunst Baden-Württemberg, dem Sparkassenverband Baden-Württemberg und dem Zweckverband Oberschwäbische Elektrizitätswerke erworben. Neben den nahezu lückenlos überlieferten Entwürfen und Manuskripten seiner zahlreichen erzählerischen, dramatischen und essayistischen Werke und Übersetzungen sind 75 Tagebücher besonders hervorzuheben, die er seit 1958 führt. Sie wurden bisher nur in Teilen ediert und sind eine wesentliche Quelle für Leben und Werk. Insgesamt umfasst der Vorlass ca. 75.000 handschriftliche Seiten. Hinzu kommt Martin Walsers Privat-und Arbeitsbibliothek mit über 7.800 Bänden.
Die Liste der prominenten Briefpartnerinnen und -partner reicht von Alfred Andersch und Rudolf Augstein, Ingeborg Bachmann, Heinrich Böll, Jürgen Habermas, Uwe Johnson, Hans Werner Richter und Arno Schmidt bis Siegfried Unseld. Sie dokumentieren Walsers Arbeit beim Süddeutschen Rundfunk (seit dessen Gründung 1949) ebenso wie seine Beteiligung an der Gruppe 47 und seine Verbindung zu den Verlagen Suhrkamp und Rowohlt. Zu seinem Archiv gehören außerdem Fotos, audiovisuelle Medien und Computer-Dateien.
Die Autorenbibliothek Martin Walsers umfasst das gesamte Spektrum europäischer Literatur, eine philosophische und eine historiographische Abteilung. Eine Vielzahl der Bände weist Lesespuren wie Unterstreichungen und Anmerkungen auf; in ihnen lässt sich die jahrzehntelange Auseinandersetzung Martin Walsers mit der literarischen Tradition, der zeitgenössischen Literatur und der Philosophie nachvollziehen. Viele Widmungsexemplare illustrieren zudem die intellektuellen und persönlichen Freundschaften des Autors.
Außerdem hat Walser die zahlreichen Dokumente und Materialien zu realen Personen aufbewahrt, die er für seine Romane Finks Krieg und Die Verteidigung der Kindheit verwendet hat. Als öffentlicher Intellektueller hat er über Jahrzehnte gesellschaftliche Debatten angestoßen, u.a. mit seiner kontrovers diskutierten Rede anlässlich der Verleihung des Friedenspreises des Deutschen Buchhandels 1998, die umfangreich dokumentiert ist.
Martin Walser, der seine Verbundenheit mit dem deutschen Südwesten, in dem er sein gesamtes Leben verbrachte, in seinem Werk vielfach deutlich gemacht hat, steht seit langem mit dem Deutschen Literaturarchiv Marbach in enger Verbindung. Er war häufig in Marbach zu Gast, u.a. als Eröffnungsredner der Ausstellung ›Ernst Jünger. Arbeiter am Abgrund‹ im Jahr 2010. Bereits 2004 übergab er dem Archiv einen ersten Teil seiner zentralen Prosawerke als Depositum, darunter Das Einhorn (1966), Brandung (1985) und Ein springender Brunnen (1998), die nun ebenso in das Eigentum des Literaturarchivs übergegangen sind wie seine Bibliothek, die Tagebücher und weitere Materialien, die sich noch in seinem Wohnhaus befinden.
Für sein literarisches Werk wurde Martin Walser vielfach ausgezeichnet, u.a. mit dem Georg-Büchner-Preis (1981), dem Friedenspreis des deutschen Buchhandels (1998) und dem Internationalen Friedrich-Nietzsche-Preis (2015); er ist Mitglied des Ordens Pour le mérite und wurde zum Officier de l’Ordre des Arts et des Lettres ernannt. Sein jetzt erworbenes Archiv hat herausragende Bedeutung für die weitere Erforschung seines Werks und seiner Biografie.
Eine feierliche Veranstaltung zur Übergabe des Archivs ist im Juli in Marbach geplant. Zum 100. Geburtstag Martin Walsers wird es eine große Ausstellung im Literaturmuseum der Moderne geben (2027).
»Mit seinem persönlichen Archiv hat Martin Walser dem Deutschen Literaturarchiv Marbach einen Bestand von größter Bedeutung überlassen: Walser ist nicht nur einer der bedeutendsten deutschen Schriftsteller, er ist auch ein Zeitzeuge allererster Güte für die Entwicklung der Bundesrepublik in der Nachkriegszeit und im wiedervereinigten Deutschland. Mit seinem literarischen Schaffen und seinen Beiträgen zur gesamtgesellschaftlichen Debatte hat er selbst Zeitgeschichte geschrieben. Die vielen Einflüsse, die ihn und sein Werk geprägt haben, finden sich in Walsers Archiv genauso wieder wie die gesellschaftlichen Einflüsse, die von ihm ausgingen. Das Deutsche Literaturarchiv Marbach ist der angemessene und aus meiner Sicht einzig richtige Ort für die dauerhafte Bewahrung und Erschließung dieses Bestandes.« // Petra Olschowski, Staatssekretärin im Ministerium für Wissenschaft, Forschung und Kunst Baden-Württemberg
»Martin Walser ist einer der prägendsten Vertreter der deutschen Nachkriegsliteratur und Kommentator der bundesdeutschen Geschichte. Der Ankauf, die Erforschung und Veröffentlichung seines Archivs gewährt uns allen einen detaillierten Einblick in Walsers Biografie, seine Netzwerke und die Entstehung seiner Werke. Aus seinen Tagebüchern wurden bislang lediglich Auszüge veröffentlicht, hier erwartet uns eine wichtige Quelle zum Verständnis des Schriftstellers Walser, bei deren Erwerbung wir das Deutsche Literaturarchiv Marbach gern unterstützt haben.» // Prof. Dr. Markus Hilgert, Generalsekretär der Kulturstiftung der Länder
»1980 nannte Martin Walser das Literaturarchiv in seiner vielzitierten Festrede zum 25. Gründungstag einen ›unterirdischen Himmel‹. Jetzt hat er uns sein Archiv übergeben, die ganze Fülle eines über 60 Jahre währenden Autorenlebens. Die Dokumente des streitbaren Chronisten der Bundesrepublik und ihrer Gesellschaft, in deren Geschichte er sich selbst früh eingeschrieben hat, sind eine ganz außergewöhnliche Quelle für Literatur- und Zeitgeschichte. Mein großer Dank gilt den Förderern, die diese Erwerbung erst ermöglicht haben: der Kulturstiftung der Länder, der Beauftragten der Bundesregierung für Kultur und Medien, dem Ministerium für Wissenschaft, Forschung und Kunst Baden-Württemberg, dem Sparkassenverband Baden-Württemberg und dem Zweckverband Oberschwäbische Elektrizitätswerke.« // Prof. Dr. Sandra Richter, Direktorin des Deutschen Literaturarchivs Marbach
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