Ausstellungseröffnung (fluxus 30): Anton Tschechows Reise nach Sachalin. Fotografien aus dem Staatlichen Literaturmuseum der Russischen Föderation. Mit Dmitri Bak, György Dalos und Ulrich Raulff
Eine unglaubliche Reise zu Land und zu Wasser unternahm der Schriftsteller Anton Tschechow im Jahr 1890, von Moskau durch morastige Steppen und die hohen Gebirge des Ural und über den Baikalsee zum Amur und dann weiter zum Pazifik, wo 43 Kilometer nördlich von Japan eine der großen Strafkolonien des Zarenreichs lag. Tschechow hat von seiner Reise auf die Gefangenen-Insel Sachalin nicht nur den Stoff für ein Buch mitgebracht, sondern auch Fotografien, die nun dank einer Kooperation mit dem Staatlichen Literaturmuseum der Russischen Föderation in Moskau zum ersten Mal überhaupt ausgestellt werden.
Eine künftige kulturelle Zusammenarbeit und Verwirklichung gemeinsamer Projekte (vor allem im Bereich Ausstellungen und wissenschaftlicher Transfer) vereinbarten das Staatliche Literaturmuseum der Russischen Föderation und das Deutsche Literaturarchiv Marbach bereits im vergangenen Jahr. Die Ausstellung »Anton Tschechows Reise nach Sachalin« mit Originalmaterialien aus Russland bildet nun auf deutscher Seite den Auftakt der Kooperation. Anschließend wandern die Exponate nach Badenweiler und werden dort, gefördert vom Literaturland Baden-Württemberg, in einer Ausstellung gezeigt. Im Kurort Badenweiler verbrachte Anton Tschechow die letzten Tage seines Lebens.
Zur Eröffnung der Ausstellung im Literaturmuseum der Moderne sprechen Dmitri Bak, der Direktor des Staatlichen Literaturmuseums der Russischen Föderation, der ungarische Schriftsteller und Historiker György Dalos, der im Jahr 2000 Tschechows Reise nach Sachalin wiederholt hat, und Ulrich Raulff, Direktor des Deutschen Literaturarchivs Marbach. Über 100 Bilder entstanden auf Tschechows legendärer Reise, aus dem sein Buch »Die Insel Sachalin« hervorging, eine Mischung aus Reisebericht, Analyse und Dokumentation. In Marbach zeigen 50 ausgewählte Fotografien u.a. Sträflinge bei der Zwangsarbeit, Bilder aus dem Gefängnis von Wojewodsk, Siedlungen, landwirtschaftliche Betriebe und den reisenden Autor selbst – einzigartige historische Dokumente.
»Sachalin braucht niemanden und ist auch für niemanden von Interesse«, so versuchte Tschechows Verleger Alexej Suworin seinen zu dieser Zeit schon sehr populären Autor Anton Tschechow (1860-1904) von seinem großen Projekt, der Reise nach Sachalin, abzubringen. Er sorgte sich weniger wegen der Risiken einer solch langen Reise, als um den Buchmarkt, für den dieses schwierige Thema ihm wenig geeignet erschien. Doch Tschechow reagierte ungewöhnlich heftig: »Sachalin, das ist ein Ort der unerträglichsten Leiden, deren ein freier Mensch und unfreier Mensch überhaupt fähig ist. ... Nein, ich versichere Ihnen, Sachalin ist interessant, wir brauchen es, und zu bedauern ist nur, dass ich es bin, der dorthin fährt, und nicht ein anderer, der von der Sache mehr versteht.« Von Moskau ist Sachalin mehr als 10.000 km entfernt, aufgrund ihrer geografischen Lage zwischen Japan und Kamtschatka wurde die Insel 1858 als Standort der berüchtigten Straflager gewählt.
Finanziell unterstützt von seinem Verleger und von ihm mit einem Presseausweis ausgestattet, reiste Tschechow mit der Eisenbahn, dem Dampfschiff und dem Pferdewagen. Am 11. Juli 1890 erreichte er Sachalin, drei Monate blieb er dort. Um sich Zugang zu Einwohnern und Häftlingen zu verschaffen, bediente er sich des Mittels der Volkszählung und füllte zu diesem Zweck rund 10.000 Karteikarten aus. Noch zu Hause hatte der Arzt und Dichter Vorsorge getroffen: »Im Falle eines Schiffbruchs oder etwas Ähnlichem merken Sie sich, dass alles, was ich besitze und in Zukunft besitzen könnte, meiner Schwester gehört; sie wird meine Schulden bezahlen.«
Die Ausstellungseröffnung findet am Mittwoch, 17. September 2014 um 19.30 Uhr im Humboldt-Saal (Archivgebäude) statt. Der Eintritt in das Literaturmuseum der Moderne ist ab 18 Uhr frei, die Ausstellung vor und nach der Veranstaltung geöffnet.
Ein Fototermin mit Dmitri Bak, Heike Gfrereis, Ulrich Raulff und György Dalos findet am 17. September um 18 Uhr im Literaturmuseum der Moderne (Treffpunkt: Foyer) statt. Anschließend besteht die Möglichkeit für Interviews, Anfragen richten Sie bitte an: alexa.hennemann@dla-marbach.de.
Die Ausstellung in Badenweiler wird im KunstPalais zu sehen sein (17. Januar bis 15. Februar 2015).
Aus Anlass der Ausstellung erscheint das erste Heft einer neue »Spuren«-Reihe:
FERNE SPUREN I
Anton Tschechows Reise nach Sachalin
Mit einem Essay von Ernest Orlov und einem Nachwort des Herausgebers
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48 Seiten, 66 Abbildungen, geheftet.
Umschlag mit Pergamin, € 7,50.
ISBN 978-3-944469-09-6
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