Vernissage: »Das bewegte Buch«
»Papier ist das Schwerste, was man im Koffer oder Rucksack bei sich haben kann. Man überlässt es nicht dem Zufall oder einer Laune, welche Bücher man einpackt. Doch: Wer sich auf Reisen begibt und seine Lektüreerfahrungen dabei von Batterien und Bildschirmen abhängig macht, verlässt nie die Steckdosenzone. Nur mit richtigen Büchern aus Papier gelangt man bis ans Ende der Welt«, so Christian Kracht und Eckhart Nickel über ihre in zwei Jahren in Nepal zusammengetragene »Kathmandu Library«. Bücher stauen die Zeit, sind trag- und kopierbar, wandelbar in Größe und Gewicht, im Kern an mehreren Orten und potentiell überall zugleich vorhanden. Die älteste digitale Bibliothek der Welt ist kostenfrei zugänglich: Das »Projekt Gutenberg« begann mit dem von einem amerikanischen Studenten abgetippten Text im Jahr 1971 und umfasst heute rund 42.000 Titel.
Die Ausstellung »Das bewegte Buch« erkundet das Buch als Raum mit allen seinen inneren und äußeren Bewegungsformen und zeigt die einmaligen Buchbestände des Deutschen Literaturarchivs. Nicht Erst- oder Vorzugsausgaben, besonders wertvolle oder schöne Bücher sind Gegenstand der Ausstellung, sondern gelesene Bücher: Zu sehen sind erstmals Teile von Autorenbibliotheken u. a. von Paul Celan, Martin Heidegger und W. G. Sebald, historische Leihbüchereien, Heftchen- und Abenteuerromanreihen, die Bibliothek eines Lazaretts von 1914 und eines zeitgenössischen Gefängnisses (JVA Münster). Eigens für die Ausstellung gestiftet wurde dem DLA eine in drei Monaten entstandene Fundbibliothek der Deutschen Bahn und die »Kathmandu Library«.
Zur Eröffnung sprechen der Schriftsteller Christian Kracht, der Journalist Eckart Nickel und der Medienwissenschaftler Claus Pias über bewegte Bücher in ihren analogen und digitalen Formen und den damit einhergehenden unterschiedlichen Gesetzmäßigkeiten in Materialität und Zirkulation. Die Ausstellung wurde von Heike Gfrereis und Dietmar Jaegle kuratiert und zusammen mit Diethard Keppler und Demirag Architekten gestaltet.
In drei großen Kapiteln (»Höhle und Falte«, »Blatt und Untergrund« und »Löcher und Schneisen«) werden über 100 Exponate einzeln kommentiert und vorgestellt, insgesamt sind in der Ausstellung mehrere 1.000 Bücher zu sehen. Viele davon sind als Freihandbibliothek aufgestellt.
»[H]in- und herzublättern, ganze Passagen zu überspringen, Sätze gegen den Strich zu lesen, Schlüsse aus dem Text zu ziehen, von denen der Text nichts weiß, und das Buch, worin er steht, zu einem beliebigen Zeitpunkt in die Ecke zu werfen«, so beschreibt Hans Magnus Enzensberger den Akt des Lesens. Sein »Purgatorium« nennt er jene Zonen, in die er Bücher stellt, von denen ungewiss ist, ob er sie behalten will: Garderobe und Sauna. Das Buch als materielles Objekt und historisch wie individuell definierte Idee: Die Ausstellung ist ein Bucherkundungsunternehmen – eine ästhetische Topologie des Buchs über drei Jahrhunderte hinweg.
Die Eröffnung findet am Freitag, den 6. November, um 17.30 Uhr, im Kilian-Steiner-Saal (Archivgebäude) statt. Anschließend hält Bundestagspräsident Norbert Lammert die diesjährige Schillerrede.
Zur Pressekonferenz laden wir Sie herzlich ein: am 3. November um 11 Uhr (im Berthold-Leibinger-Auditorium, Literaturmuseum der Moderne). Um Anmeldung wird gebeten: presse@dla-marbach.de.
Zur Ausstellung erscheint das Marbacher Magazin 150/151/152: Das bewegte Buch. Ein Katalog der gelesenen Bücher. Mit 104 Beispielen aus dem Deutschen Literaturarchiv Marbach, einem Essay von Claus Pias und Antworten von Andreas Bernard, Timon Beyes, Hans Ulrich Gumbrecht, Christian Kracht, Thomas Macho, Eckhart Nickel, Joseph Vogl und Sigrid Weigel. 188 Seiten, 104 farb. Abb. Broschiert. ISBN 978-3-944469-13-3. EUR 20,00.
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