Eröffnung: ›Narrating Africa‹
#StepOne. Eine Open-Space-Ausstellung.
Mit Theresia Bauer, Heike Gfrereis und Sandra Richter
Wie erzählen wir von Afrika: von einem Kontinent und seiner Vielfalt? Welche Bilder und Stereotype, welche kolonialen und nationalen Ideologien bestimmen die Literatur über Afrika und werden von ihr geprägt, verbreitet oder zerlegt? In einer Open-Space-Ausstellung werden wir das vom 10. November an ein Jahr lang im Literaturmuseum der Moderne mit Texten, Archivfunden, Lecture Performances und Gesprächen zusammen u.a. mit Partnern aus Namibia diskutieren. Im ersten Schritt zeigen wir mit 30 Exponatgruppen exemplarische Afrika-Darstellungen aus der deutschsprachigen Literaturgeschichte seit der Kolonialzeit.
Zur Eröffnung des Ausstellungsprojekts ›Narrating Africa‹ im Literaturmuseum der Moderne am 10. November 2019 sprechen Theresia Bauer, Landesministerin für Wissenschaft, Forschung und Kunst, Heike Gfrereis und Sandra Richter. Der Ausstellungsraum wurde – zusammen mit Sonja Schwarz und Abdelhamid Ameur, zwei Studierenden der Klasse Uli Cluss an der Staatlichen Akademie der Künste Stuttgart – als offener Werkstattraum angelegt.
1895, als das Deutsche Kaiserreich seine kolonialpolitischen Aktivitäten im Wettbewerb mit den Weltmächten England und Frankreich verstärkte, erschien Frieda von Bülows Kolonialroman Tropenkoller, der vier Auflagen erlebte und die deutsche Kolonialliteratur erfand: Er prägte und bündelte ein literarisches Feld von Abenteuerliteratur, Exotik und kulturpolitischem Kolonialismus und machte einen Berliner Begriff stark, der die Gräueltaten der Kolonialherren verdeckte: ›Tropenkoller‹. Der Roman der mit Lou Andreas-Salomé und Rainer Maria Rilke befreundeten Frieda von Bülow ist ein Beispiel für die dunkle Seite des ausgehenden Jahrhunderts. Zeitgleich verhalf Max Weber in seiner Antrittsvorlesung (1895) dem Kolonialismus zu akademischer Würde. Der Pazifist und Kolonialkritiker Hans Paasche unternahm in den 1910er-Jahren den Versuch, Afrikanern im deutschen Sprachraum eine eigene Stimme zu geben, wobei jedoch der jugendbewegte Kolorit seines Stils dominierte. Claire Golls sogenannter »Negerroman« (Der Neger Jupiter raubt Europa, 1926) zeigt exemplarisch die Projektionsfläche eigener Sehnsüchte als Stereotype.
»Hans Grimm lügt nicht – hier nicht und nicht anderswo. Er erzählt nur holde Märchen.« Das schreibt Kurt Tucholsky in seinem Verriss von Grimms Roman Volk ohne Raum (1926), in dem er die menschenverachtende Eroberungspolitik seines Landes nachträglich anklagt. Der siebenjährige Peter Rühmkorf malte noch 1936 Kolonien in ein Schulheft, die seit 1918 gar nicht mehr existierten. Nicht nur erhebliche Teile der Literatur des 19. und frühen 20. Jahrhunderts inszenierten Kolonialismus, sondern noch heute beziehen wir uns mitunter selbstverständlich auf koloniale Sprachbilder. Objekte wie eine afrikanische Maske von Norbert Elias in den Marbacher Sammlungen werfen zudem grundsätzliche Fragen auf. Wie lässt sich ein solches Artefakt angemessen interpretieren: als ritueller Gegenstand oder als Kultobjekt der europäischen Kulturgeschichte?
Diese Perspektiven werden von Gästen kommentiert oder überschrieben, darunter Julia Augart, Coletta Kandemiri, Nelson Mlambo, Napandulwe Shiweda, Sarah Situde (alle University of Namibia), Werner Hillebrecht (National Archives of Namibia), Dag Henrichsen, Christian Vandersee (beide Basler Afrika Bibliographien), Dorothee Kimmich, Sigrid G. Köhler (beide Universität Tübingen), Annette Bühler-Dietrich, Toni Bernhart (alle Universität Stuttgart), Bruno Arich-Gerz (Universität Wuppertal) und Stefan Hermes (Universität Duisburg-Essen).
Das Ausstellungsprojekt wird am 10. November um 15.30 Uhr im Tagungsbereich des Deutschen Literaturarchivs eröffnet. Ein Pressegespräch findet am 7. November um 11 Uhr statt. Um Anmeldung wird gebeten: presse@dla-marbach.de.
Das Projekt wird am Ende in einer Publikation dokumentiert.
Die Open Space-Ausstellung ›Narrating Africa‹ wird fortlaufend im Austausch mit den namibischen Partnern ergänzt. Dazu findet im Frühjahr 2020 u.a.ein Workshop in Windhoek statt; #Step 2 beginnt Mitte Juni 2020 im Rahmen eines gemeinsamen Festivals am DLA mit Schriftstellern aus Afrika, Europa und Amerika.
Langfristiges Ziel des Ausstellungs- und Forschungsprojekts ist es, kooperativ mit anderen europäischen und afrikanischen Institutionen einen virtuellen Raum zu schaffen, in dem literarische Archivmaterialien zum Kolonialismus und Postkolonialismus zugänglich gemacht und erforscht werden können
Gefördert von Ministerium für Forschung, Wissenschaft und Kunst des Landes Baden-Württemberg.
Kontakt
Alexa Hennemann
Leiterin Referat Kommunikation
Telefon +49 (0) 7144 / 848-173
E-Mail alexa.hennemann@dla-marbach.de
Dr. Dietmar Jaegle
Stv. Leiter Referat Kommunikation / Publikationen
Telefon +49 (0) 7144 / 848-604
Telefax +49 (0) 7144 / 848-191
E-Mail dietmar.jaegle@dla-marbach.de
Vinca Lochstampfer, M.A.
Referentin Social Media / Tourismus, Marketing
Telefon +49 (0) 7144 / 848-103
Telefax +49 (0) 7144 / 848-191
E-Mail vinca.lochstampfer@dla-marbach.de
Frederike Teweleit-Lutze
Mitarbeiterin Veranstaltungsmanagement
Telefon +49 (0) 7144 / 848-120
Telefax +49 (0) 7144 / 848-191
E-Mail frederike.teweleit-lutze@dla-marbach.de
Katja Kesselheim, M.A.
Sekretariat
Telefon +49 (0) 7144 / 848-174
Telefax +49 (0) 7144 / 848-191
E-Mail presse@dla-marbach.de