Mein Jahr mit Stadelmaier

Autoauto
Von Gerhard Stadelmaier, 16. September 2016
Woher die große Freude, die linke Hand am Lenkrad, die rechte am Schalthebel zu bewegen, dazu die Füße zwischen den Pedalen, als sei’s die Parterreregion einer Orgel? Weil man selbst was in Gang setzt, das in Gang Gesetzte beherrscht oder für dessen Beherrschung wenigstens die Verantwortung übernimmt, Kopf, Herz und Hirn und manchmal auch die Gesundheit hinhält (und immer natürlich den Geldbeutel)! Es droht künftig freilich absolute Freudlosigkeit in Form eines Raubs der Autonomie. Man lenkt nicht mehr. Man wird gelenkt. Man gibt nicht mehr Gas. Man wird beschleunigt. Man fährt nicht mehr. Man wird gefahren. Man steuert nicht mehr. Man wird gesteuert. Man hat keinen Kopf, kein Herz, kein Hirn, also auch kein Risiko auf Tod und Leben mehr für das Gefährt (nur der Geldbeutel bleibt). Den Rest erledigen Satelliten und Algorithmen und Computer und Kameras und dergleichen technoides Prothesenzeug. Völlig menschenfeindlich gewordene Autokonzerne werfen gerade Unmengen an Geld und Hirn zum Elektrofenster raus, um in formlosen Dingern den Fahrer (vulgo: Menschen) überflüssig zu machen. Automatisch bewegte, herz-, hirn- und risikolos ferngesteuerte Kisten in den Straßen – ohne einen Subjektgriff ans Lenkrad. Reiner Betrieb. Ohne Inhalt. Das Automobil wird so zum Autoauto. Ungefähr vergleichbar einem Theater, das zwar noch die technische und kaufmännische Abteilung beschäftigt, jeden Abend offen hat, aber ganz ohne Schauspieler auskommt. Und ohne Zuschauer auch. Ich fahre da nicht mit.
Die nächste Kolumne in dieser Reihe erscheint am 30. September 2016.