Mein Jahr mit Stadelmaier

Füllfederleicht
Von Gerhard Stadelmaier, 5. August 2016
Der Autor des schönsten, des männerlebensklügsten Buches dieses Sommers, das naturgemäß
»Das Buch vom Süden« ist (Leser, Bürger, Abonnenten!, glaubt mir, glaubt nicht weibsschlechtgelaunten Rezensentinnen!), hat ebenso natürlich auch die wunderbarste Widmung aller Widmungszeilen aufzuweisen: »Für meine schöne und wundersame Mutter, Elisabeth Heller, der ich an ihrem 101. Geburtstag aus dem Manuskript vorlesen durfte. Ihr Urteil lautete: ›Ich hoffe, du hast all dies ursprünglich mit einer Füllfeder geschrieben. Die Buchstaben lieben nämlich Füllfeder.‹« André Heller, der Wiener Phantasus maximus, Autor des »Süden«-Romans, hat damit ein schwereloses Doppel-Monument errichtet: einer zeitlosen Sohnesliebe – und einer zeitgeistwidrigen Schreibliebe. Wo gerade Abermillionen Elektrotonnagen von tastendruck- oder handschweißtappend erzeugten Buchstaben widerstandslos und unkontrolliert die private Weltsphäre und die ganz und gar öffentlich gewordene Privatsphäre bewusstlos belasten: Schreiben als Fingerei in Unruhe und Gedankenlosigkeit – da feiert Heller im Bonmot seiner Mama die im stahl- oder goldfederleichten Tintenfluss erst zu kontrollierende und zu bildende Schrift als persönliche Fertigkeit des Fließens und Innehaltens, des An- und Absetzens, des Unterlängen- und Oberlängenschwungs, mit nichts als mit souveräner Persönlichkeit belastet: Schreiben als Kunst in Ruhe und Gedanken. Und wenn man den Roman liest, spürt man's denn auch – die Liebe zu jedem Buchstaben.
Die nächste Kolumne in dieser Reihe erscheint am 19. August 2016.