Mein Jahr mit Stadelmaier

Wallensteins Wellness
Von Gerhard Stadelmaier, 9. Dezember 2016
Wer hier eintritt, lässt alle Hoffnung aufblühen: auf Wärme und Dampf und Duft und gliederlösende Massage. Helles Holz, warmer Stein, leise Musik (auch wenn sie einem schon nach zwei Minuten auf die Nerven geht, weil sie Klavierherrlichkeiten wie Schuberts As-Dur-Moment-musical und Mozarts Alla-turca-A-Dur-Sonate in süßlichstem Streicherschmuseschmalz ertränkt). Dazu dann die nobel ihre Nacktheiten samt Schwarten und Scharten gegenseitig ignorierenden Bloßhäutigen. Kurz: Wir sind Sauna- und Spa-Bürger, Kurzzeitbewohner im Wellness-Land. Und lesen nun einen, gleich hinter den Duschen an die Wand gemalten Spruch, der als kathechetischer Wohlfühlbefehl verstanden werden soll und alle Muskeln gleichsam auf den Kopf stellt: »Es ist der Geist, der sich den Körper baut«. Will hier offenbar heißen: Denkschwitz’ nur dran, dann wirst du schön! Ich aber sage euch: Pustekuchen! Denn als Autor ist ein Herr Tepperwein angegeben, ein gurumäßiger Esoterikseminarunternehmer, der schon mal wegen unbefugten Führens akademischer Titel (Prof. Dr.) verknackt ward. Hier hat er sich unbefugt als Friedrich Schiller betätigt und sich dessen dramatischen Feldherrn unter den Sprücheklopfer-Nagel gerissen, der im 13. Auftritt, dritter Akt von »Wallensteins Tod« glaubt, eine ganze Welt (Körper) noch schultern zu können, wenn er (Geist) das nur wolle. Wenig später ist bekanntlich der Geist perdü, der Körper ermordet. Wallensteins Wellness ist: der Untergang. Kein gutes Zeichen für eine Sauna.
Die letzte Kolumne in dieser Reihe erscheint am 23. Dezember 2016.