Wiedersehen mit Stadelmaier
Blätterteig I: Eine peinliche Staatsaffäre
Von Gerhard Stadelmaier, 5. Oktober 2018
Manchmal löst ein Blick in alte Bücher Schuppen. Die einem, wie man so schön sagt, von den Augen fallen. Beim Zufalls-, Lust- und Zugreifstreifzug durch die Bücherreihen, den ich gerne das »Blätterteigverfahren« nenne, weil beim Blättern eventuell eine Art Denkhefe den Assoziationsteig zum Aufgehen bringt, fiel mir eine Anthologie mit Erzählungen Jaroslav Hašeks in die Hände. Auf deutsch herausgekommen im Jahr 1961 beim Prager Verlag Artia Praha (übersetzt von Rudolf Feigl). Ich habe das Ding als Kind geschenkt bekommen, es hat mich (damals) mäßig interessiert. Hašeks Humore sind mir (damals) so holzschnittartig vorgekommen wie die Illustrationen eines gewissen Lada, die über den Band verstreut sind. Heute aber lese ich auf Seite 25, dass »Seine Hoheit unwiderruflich verloren ist. . . . Serenissimus ist – Gott sei’s geklagt – auf immer blödsinnig geworden.« Alle wissen es. Serenissimus macht nur das, was ihm gerade durch die Rübe rauscht, folgt irrsinnigsten Einfällen statt politischen Regeln und Gepflogenheiten. Wer aber darüber redet, fliegt raus, wenn’s gut geht, in den Knast: wegen Verbreitung von Falschnachrichten. Das Satirische daran ist, dass »alles in bester Ordnung« ist, weil sich Serenissimus nicht um die Staatsgeschäfte kümmert. Das tun andere. Beim Wiederlesen kamen mir die von den Augen fallenden Schuppen gerade wie Made in the United States vor. Nur dass sich dort Serenissimus leider fort und fort um die Staatsgeschäfte kümmert.