Wiedersehen mit Stadelmaier
Herrn Marders Farbenlehre
Von Gerhard Stadelmaier, 2. Februar 2018
Die Stimme am Telefon wirkt irgendwie blond. Also lieb. Stellt sich auch gleich mit einem Doppelnamen vor. Fällt dann vom Diskant in einen etwas angerauhten Mezzo, weshalb sie jetzt doch etwas brünett tönt, nennt weiterhin den Namen eines riesengroßen Versicherungsunternehmens, für das sie arbeitet, wobei sie eine Färbung ins Rötliche bekommt. Sie habe eine Unfallmeldung vorliegen, meinen Personenkraftwagen betreffend. Ein gewisser Herr Marder habe offenbar einen Motorschaden bei mir verursacht. Auf meine Gegenrede, dass dies kein Herr, sondern ein tierischer Lümmel gewesen sei, geht sie nicht ein, sondern eine Kriterienliste durch. Was Herr Marder sich denn zuschulden habe kommen lassen? An dieser Stelle changiert ihre Stimme in eine Art Ärmelschonergrau. Der Marder habe einen Kühlwasser- und einen Bremsflüssigkeitsschlauch zerkaut und ein Elektrokabel durchbissen. Wo Herr Marder wohne? Genaue Adresse? Nummer und Anschrift seiner Versicherung? Auf meinen Einwand, dass Marder keinen festen Wohnsitz hätten, driftet die Stimme der Dame ins gutgemeint Gelbe: Sie müsse dann wohl Herrn Marder als Obddachlosen betrachten, womöglich mit Migrationshintergrund? Ob die Polizei Herrn Marder denn einvernommen habe? Nein, das habe die Polizei nicht, sie hätte wohl auch Schwierigkeiten mit dem interkulturellen Austausch gehabt. Interkulturwiewardasnochgleich? Vergessen Sie’s, tröste ich die Stimme, die jetzt farblich ganz eindeutig wird: Sie sehe für meinen Fall ziemlich schwarz.