Wiedersehen mit Stadelmaier
Prosperos Bistro
Von Gerhard Stadelmaier, 20. Juli 2018
Früher war seine Lokalität erfüllt von süßen Liedern und Tönen, allein komponiert aus dem sanften Triangel-Geklirr des Bestecks auf feinem Porzellan, dem glockenspielhaften Aneinanderklingen von dünn geschliffenen Weingläsern, dem in Flötenlufttönen siedenden Zischen der Kaffeemaschine, dem heiteren Gelächter animierter Esser. Eine Partitur aus lauter Wohlleben. Mit der Tempobezeichnung »Allegro parlando«. Denn es war hier alles so bestellt, dass man seine eigene Stimme in dieser Partitur geradezu unterbringen musste. Weil man dem ganzen Angenehmen allein durch angeregteste Gespräche gerecht zu werden sich froh verpflichtet sah. Jetzt aber ist Herr Prosperos Bistro pleite. Der Weinkeller wurde zur Konkursmasse, der Koch entlassen. Denn irgendwann begann Herr Prospero, seinen Wirtsraum zu beschallen. Mit »schärfsten Hits« von Radio Sowieso, unterbrochen nur von Verkehrsmeldungen und penetrantem Gutelaunemoderatorengejuchze. Die süßen Lieder und Töne wandelten sich zu hartem Klangterrorschleier. Und jedes Soufflé au Grand Marnier sackte unter der gnadenlosen Staumeldung von der A 5 unerbittlich in sich zusammen. Darauf angesprochen, erwiderte Herr Prospero, dies alles müsse jetzt so sein. Nach neuesten Erkenntnissen diene die Beschallung dem Schutz der Gäste. Unbeschallt wären sie nämlich ganz mit sich allein gelassen; das könnten nicht einmal die besten Menschen aushalten. Jetzt ist Herr Prospero pleite. Er hat sich ganz einfach in den besten Menschen getäuscht.