Wiedersehen mit Stadelmaier
Vatertag
Von Gerhard Stadelmaier, 6. Juli 2018
»Mann kann das auch!« – Der Satz fällt am Nebenstehtisch. Er kommt von einem großen, blonden, weichen Mittdreißiger. Er hat als einziger ein Kind dabei, einen ungefähr siebenjährigen Jungen, der ihm bis aufs Blondhaar sehr gleicht. Die anderen am Tisch, zwei Frauen, zwei Männer, die aber ein kinderloses Single-Quartett bilden, grinsen bezüglich. Die Männer verlegener, die Frauen höhnischer. Denn der Blonde beharrt auf seiner Lebenskatastrophenerzählung: Er liebe sein Kind. Es sei seines genauso wie das seiner Ex. Diese habe ihn bevor, wie sich auszudrückte, ihr »biologisches Fenster zuschnappe«, zum Vater gemacht, ohne ihn zu fragen. Wieso dürfe er den Jungen nur alle zwei Wochen einmal sehen? Wieso habe seine Ex das Vorrecht aufs Kind? Nur, weil sie es geboren habe? Komme ihr da nicht ein Vorrecht von Selbstverwirklichung zugute, das sie qua Abtreibung jederzeit ins Gegenteilige, aber genauso sich Selbstverwirklichende drehen hätte können – auch ohne ihn zu fragen? Jetzt bringt Maria, die kinder- und männerliebe Platzbeherrscherin, von ihrem nahen Bistro her eine neue Lage Prosecco, ein kleiner Sommerwind weht durch Haare, in die Sommerbrillen gesteckt sind. Die Männer schauen verlegen, die Damen lassen ein »Na, aber, hör mal!« ins Luftige glucksen. Der Blonde sagt noch, er koche viel besser als seine Ex, sei genau wie sie berufstätig und erzähle die tolleren Gutenachtgeschichten. »Mann kann das auch!« Der Wind wird stärker, die Damen werden lauter. Gläser fallen um. Maria aber lächelt.