Wiedersehen mit Stadelmaier
Wir Lieferantentanten
Von Gerhard Stadelmaier, 20. April 2018
Es ist ein neues dickhäutiges Großwild in unseren Öffentlichkeitssteppen gesichtet worden. Steht bereits unterm Verdacht blablametaphorischen Artenschutzes: der Lieferant. Vor einigen wenigen Jahren (so um 2015 herum) hatte dieses Tier noch einen miserablen Ruf. Wer auf dem Theater oder in der Politik, der Wirtschaft, im Sport etwas »lieferte« oder schlimmer noch »ablieferte«, galt als denkfauler Routinier, der Vorgefertigtes auf seinem Traditionspritschenwagen von A nach B transportierte, zum Beispiel von der Regisseurseinfallspinseleimanufaktur ins Regisseurstheater. Heute aber hat der Lieferant geradezu Adelsstatus. Er ist hochgepäppelt worden. Denn es gibt offenbar nichts Höheres, Edleres, wiewohl auch Geheimnisvolleres, Heiligmäßigeres, wenn von einem verlangt werden kann: »Der muss jetzt liefern!« Trainer müssen nicht mehr trainieren lassen, sie müssen liefern. Intendanten, Dirigenten, Schauspieler dürfen nicht mehr spielen, sie müssen liefern. Minister machen keine Politik mehr, sie müssen liefern. Der Papst, die Kanzlerin, die Autoindustrie, die Briten, die EU, die Universitäten, die Müllabfuhr (obwohl letztere naturgemäß mehr abholt als bringt) – alle müssen sie liefern. Wer wie der arme Martin Schulz nicht geliefert hat, ist geliefert. Die Gesellschaft, und sie bilden wir Lieferantentanten, hat einen Anspruch: Auf den Liefer-Erfolg des Erwarteten, das auf einen umweltfreundlichen, dieselfrei genderneutralen Pritschenwagen passt. Wenn nicht, wehe den Chauffeuren!