»August 1914. Literatur und Krieg« (16. Oktober 2013 bis 30. April 2014)
»Ein kleines, leises, dafür aber umso eindringlicheres Vorspiel dazu kann man jetzt schon im Literaturmuseum der Moderne auf der Marbacher Schillerhöhe erleben. August 1914 – Literatur und Krieg bietet zwar fast nur beschriebene, bekritzelte, bedruckte Papierblätter in gläsernen Vitrinen. Doch was sonst im Dunkeln der Archive ruht, gewinnt im intimen Leselicht der Präsentation eine auch sinnlich intensive Präsenz.« Die Welt (Eckhard Fuhr)
»Oft unbekannte Zeugnisse aus den Kriegsjahren ... Tagebücher und Briefe von der Front und aus der Heimat, von Dichtern, die bei ihren privaten Kriegschroniken ans Dichten aber zumindest nicht vornehmlich gedacht haben dürften. Manche, vor allem die Berichte aus dem Feld, schlagen beim Betrachter ein wie Geschosse.« Süddeutsche Zeitung (Roman Deininger)
»Es ist genau das Disparate, das Vereinzelte, das für den Augenblick der Niederschrift noch dazu Private und Resonanzlose, das die Marbacher interessiert, dem sie mit ihren beträchtlichen Möglichkeiten nachspüren und das das Publikum vor allem in den ersten, noch wirren Augusttagen mit einiger Heftigkeit anspringt. ... Wird die Hilflosigkeit des Einzelnen – nicht selten kaschiert durch Gedröhn – deutlich, so doch auch die beschämende Möglichkeit, einen klaren Verstand zu behalten. Und so doch erst recht die häufig unterschätzte Zeitzeugenschaft von Schriftstücken. Die Unmöglichkeit des Aktualisierens (auch durchgestrichene Passagen sind selten unlesbar) ist ein Wert, nach dem wir uns zurücksehnen könnten.« Frankfurter Rundschau (Judith von Sternburg)
»Wie spiegelt sich dieser - auch erste große mediale - Krieg in privaten Quellen? Sieht, fühlt und riecht man ihn im Archiv? Wie hört er sich dort an? Diesen Fragen wollen sich Museumdirektorin Heike Gfrereis und ihr Team mithilfe von Tagebüchern, Notizheften und Feldpost annähern. Eben nicht aus der Perspektive der Luftbeobachter oder Generalstäbe, sondern aus dem Blickwinkel derjenigen, die den Krieg erleben und erleiden und darüber schreiben. Das rückblickende, literarische Verarbeiten etwa eines Erich Maria Remarque ist freilich nicht gemeint, sondern das unmittelbare Notieren - die Wucht des Gegenwärtigen. Es sind keine Texte, die im Gedanken an eine Publikation geschrieben wurden, so wie Ernst Jünger später ausführte: ›Ich konnte ja auch fallen - das war sogar wahrscheinlicher. Da denkt man nicht an Literatur.‹ ... Eine Lese-Ausstellung: Die Lektüre lässt einen polyphonen Choral aus den Schützengräben, aber auch von der Heimatfront erklingen: Stadler, Klabund, Werner Picht einerseits, Kafka, Hesse, Schnitzler andererseits, und viele, viele mehr. Marie Luise Kaschnitz füllt als 13-jährige Offizierstochter patriotisch eifernd ebenso ein ›Kriegstagebuch‹, im Jubelton: ›Unsere Kriegsschiffe haben Algier verlassen. Hurrah!‹ ... Die Schau zeigt: Die Erschütterungen, auch die seelischen, sind gewaltig. Zeit wird etwas Ungewisses: Mal rast sie, mal bleibt sie stehen. ... Doch auch Gewöhnung hält Einzug. Und die Macht des Alltags ist stark. In Prag schreibt Kafka am 2. August lapidar in sein Tagebuch: ›Deutschland hat Russland den Krieg erklärt. - Nachmittag Schwimmschule.‹ Die Kafka-Tagebücher sind eine wunderbare Leihgabe aus Oxford, während die Straßburger Bibliothek eine andere Rarität in Marbach zeigt: eine Sammlung deutscher Schützengrabenzeitungen aus den Vogesen. Flankiert wird die Ausstellung zudem von der Rekonstruktion einer deutschen Truppenbücherei.« Schwäbisches Tagblatt (Magdi Aboul-Kheir)
»Eine minimalistisch inszenierte, fast ausschliesslich auf handgeschriebene Manuskripte fokussierte und intellektuell überaus nahrhafte Ausstellung, die unter dem Titel ›August 1914‹ die Temperatur jenes Schwellenmonats zu messen sucht, der sich 2014 zum hundertsten Mal jährt. Nur wenige Artefakte (wie Jüngers durchschossener Stahlhelm) sind zu sehen. Auf Name, Datum und Ort reduziert bleiben die begleitenden Angaben auf Glaswänden und Vitrinen, so dass man auf dem Parcours durch Stunden und Tage, Monate und Jahre auf die Transkriptionen und Kommentare im feldbraunen Katalog (716 Seiten, dreiteilig im Tornisterbuch-Format) angewiesen bleibt. Wer das ganze Konvolut von Tagebüchern und Briefen, Postkarten und Gedichten im Nachgang liest, glaubt einen polyfonen Epochen-Montageroman vor sich zu haben, in dem viele Parallelgeschichten zur einen Weltgeschichte auf- und abtauchen, wobei nicht wenige von ihnen abrupt enden. Dass sich die Wortmeldungen mit der Dauer des Krieges ausdünnen, spiegelt die desperate Lage. Fast meint man das Schweigen anschwellen zu hören.« Neue Zürcher Zeitung (Andreas Breitenstein)
»Eine Phalanx von Exponaten, Schriftstücke in einer Plexiglaswand, durchzieht diagonal und gewalttätig zwei Räume im Literaturmuseum. Ist das die Front? Die erregten Tage vor und nach Kriegsbeginn, im Juli/August 1914, werden hier minutiös dargestellt - aus der Sicht von Literaten. Dann betritt man einen etwas freieren Raum sozusagen hinter dem Schützengraben, wo einzelne Vitrinen Zeugnisse aus vier Kriegsjahren versammeln. Und am Ende steht man vor einer kleineren Rückfront, die Niederlage und Nachkrieg begutachtet. Das ist die Inszenierung. Die Leitfiguren der Ausstellung sind Ernst Stadler und Franz Kafka, es kommen ausgiebig vor Ernst Jünger, Barlach, Rilke, Hesse, Schnitzler, der im Krieg 7000 Seiten Tagebuch schrieb; aber ein Großteil der Exponate stammt von eher unbekannten Schriftstellern oder von solchen, die es hätten werden können - der sogenannte Heldentod verhinderte die literarische Karriere.« Deutschlandradio Kultur (Christian Gampert)
»Ein faszinierendes Gedankenschauspiel.« Bayern 2 (Rainer Zerbst)
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